Was ist Bahá’í?
„Auch wenn die Bahá’í zu den eher kleinen Religionsgemeinschaften gehören, so werden sie allgemein doch zu den Weltreligionen gerechnet. …“
(Prof. Dr. Tworuschka, Lehrstuhl für Religionswissenschaft, Friedrich-Schiller-Universität Jena, aus seinem Vorwort in „Die Bahá’í-Religion“ von Stephan A. Towfigh und Wafa Enayati, 2005)
Der Bahá”í-Glaube ist Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden. Die Gemeinde wächst schnell und liegt in der weltweiten geographischen Ausbreitung nach dem Christentum an zweiter Stelle. Mit über 7 Millionen Anhängern, die in mehr als 100.000 Orten leben und über 2.100 verschiedene ethnische Gruppen repräsentieren, stellt sie einen Querschnitt der Menschheit dar.
Bahá’u’lláh – der Stifter der Bahá’í-Religion
Der Stifter der Bahá’í-Religion ist Bahá’u’lláh (1817-1892). Er verkündete 1863 die Manifestation Gottes für die heutige Zeit zu sein, wie zu ihrer Zeit Moses, Christus oder Muhammad. Wegen dieses Anspruchs und seiner fortschrittlichen Lehren wurden Bahá’u’lláh und seine Anhänger verfolgt, misshandelt, inhaftiert und verbannt. Trotz schwerer Leiden während seiner 40-jährigen Gefangenschaft und Verbannung, die ihn durch Persien und das damalige Osmanische Reich bis nach Akka im heutigen Israel führte, nahm sein Einfluss stetig zu.
Zu den Lehren im Bahá’í-Glauben gehört, dass es nur einen Gott gibt – auch wenn er mit verschiedenen Namen benannt wird. Das Wesen Gottes ist für uns Menschen unergründlich, wir haben keinen direkten Zugang, sein Wesen zu verstehen. Darum gibt es die Manifestationen Gottes. Als Mittler überbringen sie den Menschen den Willen Gottes für die jeweilige Zeit. Alle Religionen entstammen derselben göttlichen Quelle. Ihre Absicht war immer, die Entwicklung und das Wohl der Menschheit zu fördern. Dass es Unterschiede gibt, ist den Bedürfnissen und Erfordernissen der Zeit zuzuschreiben, in der sie erscheinen.
Das Ziel – die Einheit der Menschheit
Das Ziel des Bahá’í-Glaubens ist die Einheit der Menschheit in ihrer Vielfalt.
„Ihr seid die Früchte eines Baumes und die Blätter eines Zweiges. Verkehrt miteinander in inniger Liebe und Eintracht, in Freundschaft und Verbundenheit. … So machtvoll ist das Licht der Einheit, dass es die ganze Érde erleuchten kann.“ (Bahá’u’lláh. Ährenlese 132:3)
Der Weg, die Einheit zu verwirklichen, bedeutet,
„… für die Besserung der Welt [zu] wirken und miteinander in Einklang und Harmonie [zu] leben.“ (Bahá’u’lláh)
Wandel ist nötig
Dafür ist Wandel nötig; wir müssen lernen, auf das Gemeinwohl zu schauen und eine Kultur der Zusammenarbeit und gegenseitigen Unterstützung zu fördern.
Bahá’u’lláhs Lehren leiten uns, diesen Wandel voranzubringen. Sie umfassen zum Beispiel die Bedeutung der Erziehung für jedes Kind, die Gleichberechtigung der Geschlechter, den Abbau jeglicher Vorurteile, die Freundschaft und Liebe zu jedem Menschen, die Stärkung der Ehe und der Familie, die Einheit von Wissenschaft und Religion, die Bedeutung der geistigen Natur des Menschen, die selbstständige Suche nach Wahrheit, das Prinzip der Beratung zur Entscheidungsfindung, u.v.m.
Als Bahá’ulláh starb, führte sein ältester Sohn, ‘Abdu’l-Bahá, der testamentarisch als sein Nachfolger eingesetzt worden war, die Gemeinde. Er verstand und lebte die Lehren seines Vaters in einer so umfassenden Weise, dass er der Welt als Vorbild dient.
Heute wird die Gemeinde durch demokratisch gewählte Gremien auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene geführt. Sie bestehen aus neun Personen und werden in regelmäßigen Abständen gewählt. Einen Klerus gibt es nicht. Die Bahá’í-Gemeindeordnung ist einzigartig und bildet ein Modell für geeintes globales Zusammenwirken.